Kritik aus Deutschland

Papst spricht mit Bezug auf die Ukraine von "Weißer Fahne"

In Deutschland stößt eine Interview-Äußerung von Papst Franziskus zum "Mut zur weißen Fahne" und zu Verhandlungen mit Russland weithin auf Unverständnis. Wer von der Ukraine verlange, "sich einfach zu ergeben, gibt dem Aggressor, was er sich widerrechtlich geholt hat, und akzeptiert damit die Auslösung der Ukraine", sagte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Über Frieden "muss und wird verhandelt werden - aber auf Augenhöhe", betonte die Grünen-Politikerin.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) erklärte, er fände es besser, wenn sich der Papst mit einem Appell für Friedensverhandlungen "zuerst an den Aggressor Putin richten würde". Die aktuellen Äußerungen halte er für politisch falsch, sagte Thierse - "auch wenn ein Kirchenführer nicht die realpolitisch-pragmatischen Auffassungen von Politikern unterstützen muss".

Mit Empörung reagierte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Bevor die ukrainischen Opfer die weiße Flagge hissen, sollte der Papst laut und unüberhörbar die brutalen russischen Täter auffordern, ihre Piraten-Fahne - das Symbol für den Tod und den Satan - einzuholen", sagte sie. "Und warum in Gottes Namen verurteilt er nicht die verbale mörderische Hetze von Kyrill I.?" Der Moskauer Patriarch hatte mehrmals seine Unterstützung des russischen Angriffskriegs bekundet.

Indes schrieb Fabio de Masi, designierter Spitzenkandidat für das Bündnis Sahra Wagenknecht bei der Europawahl, auf X (vormals Twitter), der Papst wolle es dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj offenbar leichter machen, eine Wende zur Vorbereitung von Verhandlungen zu vollziehen. Seine Kernaussage sei: "Eine Verhandlung, um das Leben der eigenen Bevölkerung zu schützen und einen noch größeren Verlust an Souveränität zu vermeiden, ist keine Schande."

Die Präsidentin des Evangelischen Kirchentags 2025 in Hannover, Anja Siegesmund, mahnte, die Sehnsucht nach Frieden dürfe nicht dazu führen, "dass das Recht des vermeintlich Stärkeren siegt". Wer die eigene Freiheit verteidige, bedürfe "der Unterstützung aller, die bereits in Freiheit leben".

In dem Interview des Schweizer Fernsehens hatte das Kirchenoberhaupt unter anderem gesagt: "Verhandlungen sind niemals eine Kapitulation." Der Regierung in Kiew hatte er nahegelegt, den "Mut zur Weißen Flagge, zu Verhandlungen" zu haben und ihr "Land nicht in den Selbstmord zu führen".

Vatikansprecher Matteo Bruni erklärte später, der Papst habe "vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben" wollen. Das zum Heiligen Stuhl gehörende Online-Portal Vatican News verbreitete am Sonntag in mehreren Sprachen, darunter auch Ukrainisch, einen Bericht über eine entsprechende Erklärung Brunis. Die Deutsche Bischofskonferenz sagte, der Erklärung Brunis sei "nichts hinzuzufügen".

Paula Konersmann/KNA

11.03.2024 - Frieden , Papst Franziskus , Ukraine